Alice Berenyi war eine der dreizehn jüdischen Schülerinnen, die 1938 unsere Schule verlassen mussten. Sie war damals nur zwölf Jahre alt und besuchte die 2B im Gymnasium Eisenstadt. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte sie mit ihren Eltern Hans, welcher von Beruf Elektriker war, und Gertrude Berenyi, Hausfrau, in der Hauptstraße 44 in Eisenstadt. Durch eine Reihe glücklicher Zufälle war es uns möglich, die Tochter von Alice Berenyi, Frau Langer, und deren Enkelin persönlich kennenzulernen. Mit eindrucksvollen Worten schilderte sie uns das Schicksal ihrer Mutter. „Meine Eltern hatten schon immer eine starke Verwurzelung in Eisenstadt. Deshalb kamen sie nach dem Krieg auch wieder hierher“, erzählte uns Frau Langer. Jedoch war die Zeit in Eisenstadt nicht immer schön. „Die Lehrer waren die Schlimmsten. Einmal hat ein Lehrer meine Mutter nach vorne geholt und vor der Klasse gesagt: ‚Schaut her, so schaut eine echte Jüdin aus.‘ “ Nachdem Alice die Schule noch vor dem Anschluss verlassen hatte, reiste sie mit ihren Eltern in die Schweiz. Ursprünglich wollten sie weiter nach Frankreich, doch der Ausbruch des Krieges verhinderte dies. So flohen sie mit falschen Papieren nach Israel. „Als ich ein Jahr alt war, kehrte ich mit meinen Eltern nach Eisenstadt zurück, doch dies war schwierig für meinen Vater, weil dieser Ort mit seiner Vergangenheit tief verwurzelt war. Deshalb kehrten wir schlussendlich nach Basel zurück, wo mein Vater als Juwelier tätig war.“ Oft wurde in der Familie über die grausame Vergangenheit gesprochen, somit war sich Frau Langer der Schmerzen ihrer Eltern immer bewusst. Auch Frau Langer war Diskriminierung und Antisemitismus ausgesetzt, jedoch nahm sie diese nicht immer wahr, denn für sie gehörten sie beinahe schon zur Normalität. Ihre Großmutter fasste dies prägnant zusammen: „Wir sind immer nur geduldet worden.“ Heute hat sie einen veränderten Blickwinkel auf die damaligen Ereignisse. Den politischen Rechtsruck in Europa sieht sie als erschreckend an, doch „heute gibt es für uns wenigstens Israel als Zufluchtsort. Deshalb lebe ich nicht in Angst.“

Fotos und Auszüge aus dem Besuch von Frau Langer und ihrer Enkelin finden Sie hier:

Lina Pavicsits, Mia Gradecak, 7C, 23. 10. 2018