Martin Krenn, MMag. DDr. M.A. LL.M., Historiker und Archivar, PPH Burgenland

Immer noch sehr präsent sind mir meine 8 Jahre Kurzwiese an der Wendezeit des letzten Millenniums. Das sprichwörtliche „Kopfkino“ reicht tatsächlich noch bis zu den allerersten Tagen in der Kroatischklasse (1F), damals im letzten Kammerl des sogenannten Altbaus untergebracht, was jedoch erst als Demütigung aufgefasst wurde, nachdem es andere Erstklässler während der gemeinsamen Turnstunden zur Sprache brachten. Bedrohlich wirkte zunächst irgendwie alles, schon allein die ungewohnte Architektur des Schulschiffes. Die (soweit erinnerlich) dunkelgrünen, begitterten Garderobenungetüme im Untergeschoss glichen wohl nur zufällig Gefängniszellen, die Ähnlichkeit war aber stupend. Sie blieben manches Mal verschlossen, nachdem der verantwortliche Schulwart durch anderweitige, wohl drängendere Dienstverpflichtung am rechtzeitigen Aufsperren gehindert worden war, und die Helden jener Tage waren die Mitschüler, die sich durch den engen Spalt zwischen Tür und Boden hindurchzuzwängen vermochten, um schließlich unter großer Anfeuerung die Straßenschuhe „auszuteilen“ (ehe der Schulwart meist doch noch erschien und sich mit eher deftigen, jedenfalls aber respekteinflößenden Worten den Weg durch die vor dem Gitter versammelten Schüler zu bahnen wusste). Später wurden diese Artefakte durch moderne Schließkästen ersetzt; noch heute verfolgen mich Albträume, ich könnte den Schlüssel zu diesem meinem Garderobe-Kästchen verlieren.

Erstaunlich schnell erfolgte insgesamt das Einleben in den gymnasialen „Bildungskörper“. Erstaunlich schnell verlief auch, rückblickend betrachtet, der Weg in die oberen Klassen. Gerade noch wurden am Weg in die 1F die ebenfalls im Erdgeschoss situierten achten Klassen ehrfurchtsvoll betrachtet – bis man plötzlich selbst in ihnen saß. Von devoten Blicken der Unterstufe hätte ich zu diesem späteren Zeitpunkt dann aber nichts mehr bemerkt. Je näher es schließlich in Richtung Matura ging, umso deutlicher wurde: Ein Mathematik-Studium kam wohl nicht in Betracht, eine Lebensfreundschaft mit der Englisch-Lehrerin ebenso wenig. Entstanden sind sie aber doch, die Freundschaften fürs (nunmehr auch schon halbe) Leben. Zu Mitschülern und zu jenen Lehrern, die in der Oberstufe die strengen Vorgaben des Lehrplanes flexibel auslegten (wäre dies heute noch denkbar?). Nachhaltig prägend waren etwa die Diskussionsrunden in den frei zu wählenden Erweiterungsmodulen in der 7. und 8. Klasse („Plus“-Stunden genannt), sie haben sicherlich zur schließlich erfolgten Studienwahl beigetragen.

Die Jahre in der Kurzwiese sind keiner persönlichen Damnatio memoriae anheimgefallen. Ich möchte diese Zeit keinesfalls missen.

 

2002 Matura am BG/BRG/BORG Eisenstadt (Klassenvorstand Prof. Franz Miehl)

Ab 2003 Studien der Geschichte, Philosophie und Archivwissenschaft an den Universitäten Wien, Berlin (HU) und Paris (Sorbonne)

Berufliche Tätigkeit als Archivar und Historiker (Archiv der Stadt Linz, Archiv für Wissenschaftsgeschichte des NHM Wien) mit Lehraufträgen an der Universität Wien und Privaten Pädagogischen Hochschule (PPH) Burgenland

Seit 2021 Professur an der PPH Burgenland

Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftsgeschichte, burgenländisch-westungarische Landesgeschichte, Stadtgeschichte