Helmut Stefan Milletich, Mag. phil., Prof. i.R. an der Pädagogischen Akademie Eisenstadt, Schriftsteller

„1955: Ich war schon zwei Jahre lang in einem Wiener Gymnasium (RG III Hagenmüllergasse, wohnte im Internat des Salesianums), wollte dann aber wieder zu Hause sein, was für die Eltern finanziell nicht ungünstig war, denn als Eisenbahnersohn durfte ich die Fahrten zur Schule gratis absolvieren. Und so kam ich ins BG und BRG Eisenstadt, wo ich gleich sehr gute Freunde fand und wo ich auch schulisch problemlos integriert wurde. Die Frage, welche Lehrer ich bekommen würde, hat mich nie interessiert, ich kam mit allen gut aus; gelernt habe ich immer so viel, dass ich von einem 5er oder von einer 4 weit entfernt war. Dafür hatte ich nie einen Vorzug, der mir auch keineswegs abging. Wichtig war mir immer das problemlose Durchkommen. Darüber hinaus durfte ich tun und lassen (und auch denken), was ich wollte. Ich hatte somit vor den Professoren immer meine Ruhe. So ging das bis zur Matura 1961, die ich ebenso problemlos und ohne Vorzug absolvierte. Allerdings wurden in diesen sechs Jahren schon wesentliche Weichenstellungen für mein Leben vorgenommen. Hatten vor 1955 schon meine Eltern und die religiöse Erziehung im Salesianum in Wien meinen weltanschaulichen Status verfestigend geprägt, so waren es im BG und BRG Eisenstadt im Wesentlichen vier Professoren, die meine Zukunft mitbestimmt haben, so auch meinen beruflichen Werdegang, der ohne diese Männer wohl nicht so verlaufen wäre, wie er verlaufen ist. Zwei davon möchte mit Namen nennen. Es waren die Professoren Franz Kirner und Paul Rauchbauer. Beide waren Germanisten und Altphilologen, die mir nicht nur die Liebe zur Sprache und zur Literatur vermittelt haben, sondern mir auch genug an Wissen mit auf den Weg gegeben haben (wohl auch meine oftmals unerfüllte Liebe zu den alten Sprachen). Dabei geschah alles mit einer spielerischen Leichtigkeit, verpackt in einen gesunden Humor. Und so dachte ich, das könnte unter Umständen die wahrhaftige Art sein, mit der auch ich Literatur, Sprache, aber auch ein Weltbild vermitteln könnte.

 

Darüber wäre nun viel zu sagen, auch über die Veränderungen, denen der Lehrberuf inzwischen unterzogen worden ist. Freilich finde ich ein Jammern über die gegebenen Umstände nicht angebracht. Sollte es dennoch vorkommen, dass ein Lehrer über die aktuelle Schülergeneration jammert, gebe ich zu bedenken, dass viele Eltern heute und auch zu meiner Zeit über die aktuelle Lehrergeneration genug zu jammern hatten – ob berechtigt oder nicht steht dahin. Tatsache ist, dass Schule immer im Dienst der Gesellschaft steht und gestanden ist und dass das, was die Gesellschaft von der Schule verlangt, nicht immer das ist, was die Lehrer von den Schülern wollen. Vorsicht sollte man vor allem dann walten lassen, wenn ehemalige Schüler, die heute ihre Kinder im Gymnasium haben, darüber klagen, was ihre Söhne oder Töchter heute alles nicht wissen, während sie selbst vor 20 oder 30 Jahren noch so viel lernen mussten. Aber dass ältere Leute ihre eigene Jugend- und Schulzeit verklären, ist eine alte Tatsache. Ich habe also, wie ich glaube, von meinen Gymnasiallehrern alles das mitbekommen, was ich in meinen späteren Berufen gebraucht habe.

 

Das BG und BRG Eisenstadt hatte an meiner Ausbildung einen wesentlich Anteil. Nach und nach war mir schon selbst klar, auf was es dabei ankam. Spätestens ab er Zeit, da meine Windener Jahrgangskollegen ihr eigenes Geld verdienen mussten, war mir klar, dass der privilegierte Status eines Oberstufenschülers für mich nicht so ganz der richtige war. Und so habe ich in verschiedenen Bereichen mitgearbeitet: In der Katholischen Landjugend, in der Pfarre, ich half den Eltern bei der Weingarten- und Hofarbeit. Obwohl sie keine Bauern waren, haben sie immer wieder bäuerliche Arbeiten übernommen, um das, was ein Eisenbahner verdiente, zu vermehren. Ich half da lange mit, bis ich merkte, dass ich mit mir gemäßen Arbeiten mehr verdienen konnte. So arbeitete ich als Chorleiter bei den „Wiener Spatzen“, hatte immer wieder Nachhilfeschüler. Damals entdeckte ich mein Talent, überall zu gebrauchen zu sein. Es begann auch langsam aber sicher, dass ich Texte in Zeitschriften unterbringen konnte. Es war für die Eltern nicht leicht zu verstehen, dass ich mit einem Text für eine Zeitschrift oder einer Stunde Chorleitung wesentlich mehr Geld verdiente als sie, die sich stundenlang mit einem Weingarten abarbeiteten.

Das BG und BRG Eisenstadt hat mein schulisches Leben begleitet und meinen Lebenslauf geprägt. Ich bin dankbar, in dieser Schule ein Teil gewesen zu sein: zuerst ein Teil der Schüler, dann ein Teil der Lehrer.

Freilich bin ich Teil mehrerer Organisationsformen gewesen. Alle diese Teile zusammen haben die Gesamtheit meiner Person ausgemacht und sind zum integrierenden Bestandteil von mir geworden.“

 

1961 Matura am BG/BRG/BORG Eisenstadt

ab 1966 Lehrer für Deutsch und Geschichte am BG/BRG/BORG Eisenstadt

Personalvertreter

Chorleiter

Leiter der Bühnenspielgruppe an der Schule

Schriftsteller

Verfasser von Rundfunkbeiträgen

Journalistische Tätigkeit

Redakteur und Herausgeber

seit 1974 Lehrtätigkeit an der Pädagogischen Akademie Burgenland

seit 1986  Professur an der Pädagogischen Akademie Burgenland

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