Walter Feymann, HR Mag. phil., Dr., Landesschulinspektor der AHS Burgenland i. R. und Direktor des BG/BRG/BROG Eisenstadt i. R., Historiker und Autor
„In drei Jahrzehnten konnte ich einen riesigen Wandel in der österreichischen Schule, zum Teil mitgestaltend, persönlich erleben.
Im September 1957 bezog ich als 10-Jähriger das damalige Bundeskonvikt und wurde Schüler der Klasse 1C. Die 1A war eine reine Mädchenklasse, in der 1B waren die externen Buben. Obwohl das Bundesrealgymnasium und das angeschlossene Internat damals zu den modernsten Schulgebäuden Österreichs gehörten, war in ihren Mauern noch deutlich der Geist der vergangenen Jahre zu spüren. Die Professoren waren in der Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus selbst Schüler, ganz wenige auch Lehrer gewesen. Der 2. Weltkrieg hat sie ebenfalls stark geprägt gehabt. Was Wunder, dass diese Haltungen auch noch stark in ihre Pädagogik einflossen. In den letzten Stunden vor Weihnachten wurden z.B. bei manchen Lehrern die Kriegserlebnisse ein Hauptthema. Das autoritäre, elitäre und selektive Element bestimmten ihr Tun. „Wo gehobelt wird, dort fallen Späne“. Und es wurde gehobelt! Von etwa 100 in den ersten Klassen schrumpften wir in der dritten Klasse auf etwa 60 zusammen. Bei der Reifeprüfung fielen z.B. alle 5 Kandidaten eines Halbtages – auch in Gegenständen wie Bildnerische Erziehung – durch. In der Methodik war der reine Frontalunterricht bestimmend. Gebrülle, das ein wenig an den Kasernenhof erinnerte und sarkastische, auch verletzende Bemerkungen waren nicht ungewöhnlich. Erst allmählich gab es eine neue Professorengeneration, die einen neuen Zeitgeist vermitteln konnten.
In der 3. Klasse waren wir nur mehr in zwei Klassen untergebracht. Die Trennung nach Geschlechtern blieb allerdings bis zur Matura aufrecht. Koedukation war bloß Schularbeitsthema. In der 3A waren die Mädchen, in der 3B wir Burschen. Beim ersten Schikurs kamen sich Mädchen und Burschen zum ersten Mal etwas näher. Das andere Geschlecht, das unbekannte Wesen! Die wenigen Professorinnen wurden in der Regel in den Mädchenklassen eingesetzt. Am Ende des 2. Trimesters – das war in der letzten Schulwoche vor den Osterferien – gab es häufig „Einkehrtage“. Gut geschulte Jesuiten, später auch Pfarrer aus der Umgebung vermittelten uns religiöse Werthaltungen. Auch gab es so etwas wie einen zaghaften „Aufklärungsunterricht“.
Mit der Unterrichtszeit wurde im Allgemeinen sehr großzügig umgegangen. Damals wurde in Österreich zum ersten Mal das Schwarz-Weiß-Fernsehen verbreiteter. Im Bundeskonvikt stand ein solcher Fernsehapparat. Wir verfolgten z.B. mit großem Interesse 1962 die Eröffnung des Vaticanum II. Die Übertragungen der Schirennen waren natürlich Tophits. Im Juni verbrachten wir die meiste Zeit im städtischen Schwimmbad. Die aufsichtshabenden Lehrer wechselten einander ab.“
1947 in Lindgraben, Vater Direktor der einklassigen Volksschule
1965 Matura am BG/BRG/BORG Eisenstadt
Studium der deutschen Philologie, Geschichte, Psychologie, Pädagogik und Philosophie an der Universität Wien
1970 Promotion zum Dr. phil.
1971 Lehramtsprüfungen und Sponsion zum Mag. phil.
September 1971 – Juni 1973 Lehrer am BG/BRG Oberpullendorf und an der Handelsschule Oberpullendorf
September 1973 – Februar 2007 Lehrer, Administrator am BG/BRG/BORG Eisenstadt
ab 2000 Direktor des BG/BRG/BORG Eisenstadt
Februar 2007 bis September 2010 Landesschulinspektor für AHS und BAKIP
Seit September 2010 in Pension